Viele produzierende Unternehmen haben tradierte Fertigungsverfahren, die im Laufe der Zeit verfeinert wurden. Ein Metall verarbeitendes Unternehmen fertigt spanabhebend (Drehen, Bohren, Fräsen, Schleifen), nicht spanabhebend (Gießen, Stanzen, Biegen) oder verbindend (Schrauben, Schweißen, Nieten, Kleben) oder Kombinationen daraus. Ein Kunststoffverarbeiter mag extrudieren, spritzgießen, drehen, fräsen, bohren oder verbinden, je nach Geschichte und Produkt- und Kundenanforderungen, die bis dahin durch das Unternehmen erfüllt wurden.
Die erworbene fachliche Expertise stellt die Beherrschung der angewendeten Verfahren sicher, schränkt die Möglichkeiten des Unternehmens aber auch ein. Wegen der spezifischen Investition und der Expertise werden kaum andere, mutmaßlich bessere Wege zur Produktrealisierung in Erwägung gezogen. Märkte ändern sich aber, und Technologien entwickeln sich weiter; neue Fertigungsverfahren, bspw. der 3D-Druck, mögen bestehende Verfahren herausfordern.
Warum es sich lohnt, neue Fertigungsverfahren zu wählen
Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass die überlieferten Produktionsverfahren, die in Ihrem Unternehmen eingesetzt werden, zu den besten und kostengünstigsten Ergebnissen führen. Kundenanforderungen mögen sich verändern. Mit bestehenden Verfahren stoßen Sie dann ggf. an Grenzen.
Um weitere Verbesserungen zu erreichen, würden Sie unverhältnismäßig hohen Aufwand auslösen. Verfahren, die bislang hinreichende Ergebnisse lieferten, müssen manchmal infrage gestellt werden. Ein Wechsel des Fertigungsverfahrens kann u. U. zu maßgeblichen Kosteneinsparungen führen. Halten Sie sich deshalb für Verfahren aufgeschlossen, die außerhalb der Kernkompetenz Ihrer Organisation liegen.
Kundenforderungen lassen sich oft auf unterschiedliche Art und Weise erfüllen. Oft wird man darauf erst aufmerksam, wenn bisher verwendete Verfahren den Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Stellen Sie Ihre bekannten Produktionsverfahren deshalb immer wieder auf den Prüfstand und befassen Sie sich bei neuartigen Kundenanfragen, notwendigen Neuentwicklungen oder umfassenden Modifikationen auch mit der Make-or-buy-Frage.
Mögliche Verbesserungen durch die Auswahl eines neuen Fertigungsverfahrens
Durch die Auswahl des richtigen Fertigungsverfahrens können Unternehmen Materialkosten einsparen, indem sie beispielsweise Materialverschnitt reduzieren.
In manchen Fällen kann auch der Personaleinsatz durch die Optimierung von Arbeitsabläufen und den sinnvollen Einsatz von Automatisierung reduziert werden, was zu einer gleichbleibenden Qualität und zu niedrigeren Lohn- und Arbeitskosten führen kann.
Neue Fertigungsverfahren müssen nicht zwangsläufig hohe Investitionen auslösen. Mut zu etwas Neuem und ein gewisses Maß an Kreativität können helfen, passende Fertigungsverfahren einzuführen und einzusetzen.
Fertigungsverfahren auswählen: ein Beispiel
Ein großer Kunststoffverarbeiter, seit geraumer Zeit erfolgreich auf dem Markt, stellte alle Produkte einer bestimmten Kategorie nur mittels Spritzgießverfahren her. Darauf war das Unternehmen spezialisiert. Prozesse, Maschinen, Werkzeuge und Personal waren auf dieses Produktionsverfahren zugeschnitten.
Eine sehr lukrative, aber wenig Stückzahlen versprechende Anfrage wurde daher abgelehnt, da sich ein neues Spritzgießwerkzeug mit einem Investitionsvolumen von >100k EUR für die Umsetzung dieses Auftrags nicht amortisiert hätte. Erst auf wiederholte, hartnäckige Nachfrage seitens des Kunden verlies man den bekannten Weg und entwickelte kurzfristig ein neues Herstellungsverfahren für die angefragten Produkte.
Für eine Investition <40k EUR wurden in Folge vorhandene Halbzeuge zurechtgeschnitten und mittels eines Spiegelschweißverfahrens von geschultem Personal gefügt. Das auf eine für den Betrieb völlig neuartige Weise entstandene Produkt wurde dem Kunden vorgestellt.
Dieser platzierte in Folge immer wieder solche und gleichartige Aufträge und war mit seinem nun innovativen und problemlösungsorientierten Partner an seiner Seite äußerst zufrieden.
So vergleichen Sie verschiedene Fertigungsverfahren
Für fundierte und nachvollziehbare Entscheidungen über alternative Realisierungsmöglichkeiten gibt es bewährte und pragmatisch zu handhabende Methoden und Rechenmodelle, die mögliche alternative Verfahren systematisch miteinander vergleichbar machen. Auf diese Weise erhalten Sie die notwendigen Informationen, die eine Entscheidung für ein neues Verfahren nachvollziehbar machen.
Hilfreich ist dabei eine gelungene Prozessoptimierung, eine ganzheitliche Produktentwicklung und ein professionelles Produktmanagement.
Auch wenn die Kriterien für die Auswahl des besten Fertigungsverfahrens sich nicht ändern, können sich wesentliche Parameter ändern, die einen Wechsel zu einem anderen Fertigungsverfahren nahelegen.
Beispiel: Ein 2nd-tier Supplier der Automobilindustrie stellte Außenkränze für Riemenscheiben her, indem Rohrabschnitte gesägt und dann in CNC-Drehmaschinen profiliert wurden. Dieses Verfahren war deutlich günstiger als die Kränze im Stanzverfahren kalt zu formen. Als durch massiv gestiegenen Bedarf an Rohren für die Infrastruktur (Abwasserführung) die Beschaffungspreise für Rohre plötzlich deutlich gestiegen waren, wurde das Stanzen und Kaltverformen attraktiv und das Fertigungsverfahren wurde auf vorhandene Stanzen umgestellt. Die Bandsägen und die Dreh-Center wurden obsolet.
Auch Umweltaspekte spielen bei der Auswahl von Fertigungsverfahren eine Rolle. Schließen Sie Umweltaspekte in die Entscheidungskriterien ein. Entscheiden Sie sich für nachhaltiges Wirtschaften.
Fazit: Das bringt Ihnen ein Wechsel in der Fertigung
Die Auswahl des richtigen Fertigungsverfahrens kann einen großen Einfluss auf die Kosten der Produktion haben. Wenn ein Unternehmen ein ungeeignetes Verfahren wählt, können höhere Material- oder Personalkosten entstehen, die wiederum zu höheren Gesamtkosten führen.
Durch die Implementierung von geeigneten Fertigungsverfahren können Unternehmen die Qualität ihrer Produkte verbessern und gleichzeitig die Kosten senken, was zu einer höheren Wettbewerbsfähigkeit auf dem Markt führt.