Die Systematik, die der IDW-Standard 6 vorgibt, sieht zunächst vor, im Gutachten zu bestätigen, ob das Unternehmen sanierungsbedürftig ist. Ein Sanierungsfall liegt genau dann vor, wenn für das Unternehmen Insolvenzgefahr besteht.
Aber auch dann kann es sich um eine schnell zu beseitigende Zahlungsunfähigkeit oder ein wirklich sanierungsbedürftiges Unternehmen handeln. Um die Frage nach der Sanierungsbedürftigkeit präzise zu beantworten, muss im IDW S6-Gutachten das Krisenstadium Ihres Unternehmens präzise erfasst werden. Handelt es sich nur um einen akuten Liquiditätsbedarf oder liegt eine strukturelle Ertragsschwäche vor? Ist die strategische Ausrichtung Ihres Unternehmens marktgerecht? Wie kommen in Ihrem Unternehmen wesentliche Entscheidungen zustande? Welche Interessen verfolgen die Gesellschafter? Welche Stakeholder-Interessen prägen das Unternehmen? Gibt es Differenzen zwischen Gesellschaftern und Unternehmensführung oder zwischen der Unternehmensführung und den Mitarbeitern bzw. den Mitarbeitervertretern? Welche Spannungen begründen diese Differenzen?
Wundern Sie sich nicht, wenn der Gutachter nicht sofort auf die für Sie offensichtlichen Krisenursachen eingeht und sich zunächst mit der wirtschaftlichen und rechtlichen Ausgangslage Ihres Unternehmens in seinem marktlichen Umfeld beschäftigt. Der Gutachter muss die Krisensituation und die Sanierungsmöglichkeiten ganzheitlich erfassen. Das ist eine Anforderung des IDW S6. Dazu ist es unabdingbar, das Unternehmen in sein Umfeld eingebunden zu verstehen und darzustellen. Eine wichtige Erkenntnis ist übrigens, ob dem wirtschaftlichen Umfeld Ihres Unternehmens etwas fehlen würde, wenn Ihr Unternehmen aufhören würde zu existieren oder ob die Leistungen, die Ihr Unternehmen erbringt, mehr oder weniger nahtlos von Wettbewerbern aufgefangen werden könnten.
Unternehmen, die sanierungsbedürftig sind, sind nicht unbedingt auch sanierungsfähig.