Was ist ein Geschäftsmodell?
Mit einem Geschäftsmodell wird das Wertschöpfungs- und Ertragsmodell eines Geschäftes beschrieben. Aus dem Geschäftsmodell werden die Schlüsselfaktoren des unternehmerischen Erfolgs sichtbar. Attraktive Produkte und überzeugende Dienstleistungen reichen in wettbewerbsintensiven Märkten oft nicht mehr aus, um erfolgreich zu sein. Ein Produkt, das die Kundenbedürfnisse deckt, garantiert noch keinen Geschäftserfolg, sofern das Produkt nicht wirtschaftlich sinnvoll in einen Gesamtprozess eingebunden ist. Beispielsweise bleiben folgende Fragen offen:
- Wie wird sichergestellt, dass Kunden von der Existenz dieses Produktes erfahren?
- Wie wird sichergestellt, dass sie einen kostendeckenden Preis für das Produkt zahlen?
- Wie wird sichergestellt, dass das Produkt zu angemessenen Kosten hergestellt und vermarktet werden kann?
- Wie wird sichergestellt, dass Wettbewerber das Produkt nicht einfach kopieren können?
- Wie sichern Sie sich ihre Position im Markt?
Für diese übergeordnete Sichtweise soll das Geschäftsmodell sorgen. Das Geschäftsmodell wird zu einem immer wichtigeren Unterscheidungsmerkmal und Erfolgsfaktor.
Welche Formen von Geschäftsmodellen gibt es?
Mit Ihrem Geschäftsmodell definieren Sie zunächst, ob Sie Produzent, Dienstleister oder Händler sein wollen. Wenn Sie Produzent sein möchten, folgt die Frage, ob Sie Serienfertiger oder Einzelstückfertiger sein möchten. Wenn Sie Händler sein möchten, sollten Sie definieren, ob Sie als Großhändler oder als Einzelhändler aktiv sein möchten.
Allerdings können sich Geschäftsmodelle auch entwickeln und „überleben“.
Beispiel 1: Manche Hersteller wachsen über Handelskomponenten in den Handel hinein; manche Handelsunternehmen entwickeln sich zu Herstellern. Beide Initiativen können gute, sinnvolle Gründe haben.
Beispiel 2: Apple war Hardware-Hersteller mit eingebetteter Software, hat sich aber zu einem Software-App-Handel entwickelt und begibt sich nun in das Unterhaltungsgeschäft hinein.
Folgende Fragen sollten mit dem Geschäftsmodell beantwortet werden:
- Welche Art von Produkt bieten Sie an? Bieten Sie vorrangig physische Produkte, Dienstleistungen oder digitale Produkte an?
- An welche Zielkunden möchten Sie diese Produkte verkaufen?
- Agieren Sie als Hersteller, als Großhändler, als Handelsmittler (Agentur) oder als Einzelhändler des Produktes?
- Wie sieht Ihr Erlösmodell aus: Berechnen Sie jeden Produktverkauf? Bieten Sie ein Mietmodell an? Denken Sie an ein Abonnement-Modell (etwa Software-as-a-Service, Infrastructure-as-a-Service etc.)? Arbeiten Sie mit langfristig angelegten Verträgen?
- Wie sichern Sie sich dauerhafte Wettbewerbsvorteile (Unique Selling Propositions USPs)?
- Welche Schlüsselaktivitäten müssen Sie durchführen, um Ihr Angebot zu angemessenen Kosten zu erstellen und marktgerecht an die Zielkunden zu verkaufen?
- Welche Schlüsselressourcen benötigen Sie dafür?
- Wie sieht Ihre Logistik aus? Mit welchen Partnern arbeiten Sie zusammen? Wie ist die Zusammenarbeit wirtschaftlich geregelt?
- Welche Vertriebskanäle nutzen Sie? Welche Points-of-Sale bieten Sie an? Unterhalten Sie eigene Geschäfte? Arbeiten Sie mit Einzelhändlern zusammen – falls ja: mit welchen? Liefern Sie an den Großhandel? Wie sieht das Rabattsystem über den mehrstufigen Absatzkanal aus?
- Bieten Sie Service-Leistungen an? Falls ja: welchen Service? Wie führen Sie die Service-Leistungen aus? Arbeiten Sie dafür mit Partnern zusammen? Wie ist das Geschäftsmodell mit diesen Partnern definiert?
- Wie sieht die Kostenstruktur Ihres Geschäftes aus? Wie ändert sich die Kostenstruktur mit dem Wachstum des Geschäftes? Welche sprungfixen Kostenpositionen beinhaltet Ihr Geschäft?
- Wie finanzieren Sie das Geschäft? Wie gestalten Sie die Zahlungsziele? Arbeiten Sie mit Vorkasse?
Die erforderliche Marktinformationen für ein gutes und robustes Geschäftsmodell können Sie für Ihr Unternehmen über einen laufenden Corporate Foresight-Prozess zusammentragen und regelmäßig aktualisieren. Wirtschaftliche Umfelder verändern sich. Betrachten Sie Geschäftsmodelle deshalb bitte nicht statisch. Auch Geschäftsmodelle müssen dynamisch laufend angepasst werden. In der Fähigkeit zur Veränderung von Geschäftsmodellen zeigt sich die Gestaltungskompetenz von Organisationen.
Wie kommen Sie zu einem guten Geschäftsmodell? Es gibt mehrere mittlerweile bewährte Verfahren, mit denen schlüssige Geschäftsmodelle entwickelt werden können. Eines dieser Verfahren, mit denen Geschäftsmodelle schlüssig entwickelt werden können, ist das Business Model Canvas, ein Verfahren, mit dem Ansätze für Geschäftsmodelle inhaltlich abgestimmt werden können, ist der St. Galler Business Model Navigator. Beide Verfahren ergänzen sich übrigens hervorragend.
Beispiele für erfolgreiche und angepasste Geschäftsmodelle
Der Einzelhandels- und Logistikkonzern Amazon arbeitet mit einem äußerst agilen Geschäftsmodell. Jedes durchgeführte Verkaufsereignis beeinflusst marginal das Geschäftsmodell. Wenn sich bestimmte Artikel besser verkaufen als andere, werden diese Artikel und ähnliche gefördert. Über diesen inkrementellen, entwickungsoffenen Ansatz des Geschäftsmodells passt sich das ganze Unternehmen auf natürliche Weise laufend an die veränderte Nachfrage an. So bietet Amazon immer genau das Angebot, das der Markt verlangt.
Die Automobilindustrie arbeitet seit Jahrzehnten mit markengebundenen Autohäusern, die Neufahrzeuge an Endkunden verkaufen. Außerdem arbeiten sie mit Autovermietern zusammen, die große Kontingente mit großen Rabatten kaufen, die Fahrzeuge für kurze Zeit vermieten und sie dann günstig weiterverkaufen. Das ist das eingeführte, bewährte Geschäftsmodell gewesen. Seit 2022 arbeiten viele Automobilkonzerne daran, ihr Geschäftsmodell zu verändern. Sie möchten die Marge, die die Autohäuser verdienen, selbst behalten. Deshalb ändern viele Automobilkonzerne die Verträge mit ihren Autohäusern. Sie möchten künftig direkt an Endkunden verkaufen. Dafür setzen sie die Autohäuser dazu ein, in ihren Stores Fahrzeuge vorzuführen, Probefahrten anzubieten und verkaufte Fahrzeuge zu übergeben. Die Autohäuser bekommen diese Dienstleistungen fallweise bezahlt, erhalten aber keine Marge mehr aus den Fahrzeugverkäufen. Das ändert das Erlös- und Ertragsmodell für beide, die Automobilhersteller und die Autohäuser. Außerdem haben die Hersteller das Geschäftspotenzial mit Mietfahrzeugen erkannt, insbesondere angesichts der Endkundentendenz zu mehr Flexibilität. Viele Automobilhersteller möchten dieses attraktive Geschäft nun selbst ausführen, statt Mietwagenanbieter zu stärken. Wie eine entsprechende, flächendeckende Infrastruktur aufgebaut werden kann, wird sich zeigen.